g r e b m e t t r ü w + n e d a b Das Schwimmen darf nicht baden gehen! Ein politischer Gastbeitrag von Andreas Stoch Die Fra ge , w a s w ir a us de r Corona -Pa nde m ie le rne n k önne n, be sc hä ft igt bis he ut e vie le M e nsc he n; a uc h e ine Enque t e -Kom m ission im La nd- t a g in St ut t ga rt . Eine ganz wichtige Lektion war diese: Als unsere Hallen- und Freibäder geschlossen bleiben mussten, gingen viele Leute in Seen und Flüssen baden. Dort, wo es oft keine DLRG gibt, die am Ufer aufpasst. Eine tragische Häufung von Badeunfällen war die Folge, und vielen von uns wurde wieder einmal klar: Dass Menschen vor dem Ertrinken gerettet werden, ist kein Naturgesetz. Es ist die Arbeit der DLRG. Doch der grundsätzlichste Schutz vor dem Ertrinken ist es, überhaupt Schwim- men zu können. Hier leistet die DLRG als Nummer eins in der Schwimmausbil- dung enorm wichtige Arbeit, und diese Arbeit ist nötiger denn je: Mehr als die Hälfte der Kinder in diesem Land kann auch nach der Grundschule noch nicht sicher schwimmen, würde also zum Bei- spiel kein bronzenes Schwimmabzei- chen schaffen. Das ist lebensgefährlich. Viele Bäder geschlossen Ich habe vier Kinder und ich weiß nicht, was ich machen würde, wenn die Hälfte davon nicht schwimmen könnte. Darum verstehe ich nicht, wie es sein kann, dass jede vierte Grundschule in Baden- Württemberg gar keinen Schwimm- unterricht anbieten kann, weil es kein Bad gibt oder das nächste viel zu weit entfernt ist. In unserem Land wurden in den vergangenen zehn Jahren reihen- weise Bäder geschlossen und noch mehr Bäder stehen in ihrem Betrieb auf der Kippe. Viele davon wurden nach dem Zweiten Weltkrieg gebaut, und zwar aus einer damals noch ganz wachen Erfahrung. Selbst in meiner Heimat auf der Schwä- bischen Alb ertranken einst viele Men- schen, in ruhigen Flüsschen und klei- nen Weihern, wo man mit wenigen Schwimmzügen ans Ufer käme. Doch die Menschen konnten nicht schwim- men. Deswegen hat man einst die Schwimmbäder gebaut; auch auf dem Land, auch in kleinen Gemeinden. Kei- II | Lebensretter 2 . 2024 Andreas Stoch als Schwimmmeister-Praktikant im Rahmen von »Stoch packt’s an«. © SPD Landtagsfraktion ne Erlebnis-Badelandschaften mit Wel- lengang und Riesenrutsche und 20 Euro Eintritt, sondern Lehrschwimmbecken. Genau diese Lehrschwimmbecken wer- den jetzt nach und nach trockengelegt. Der Mangel ist schon jetzt oft verhee- rend. Denn was nützt all das Enga- gement der DLRG, wenn es schlicht an Schwimmbädern fehlt? Wenn man in der Woche kaum noch zwei Stun- den Beckenzeit zusammenbekommt? Andreas Stoch (SPD), ehemaliger Kultus- und Sportminister. © Fionn Grosse Wenn Anfänger zwei Jahre auf einen Schwimmkurs warten sollen? Massiv eingreifen Als Sozialdemokrat und als ehemaliger Kultus- und Sportminister habe ich eine klare Meinung: Die öffentliche Hand muss massiv eingreifen, um das Bä- dersterben in unserem Land zu been- den. Schon vor der Pandemie hatte die SPD ein Sonderprogramm des Landes für Bäder gefordert, 30 Millionen Euro Soforthilfe, um nur die unmittelbar dro- henden Schließungen zu vermeiden. Wir haben wiederholt darauf hingewie- sen, dass ein reiches Land wie Baden- Württemberg viel mehr Geld in seine Sportstätten stecken kann und muss. Wir hatten Jahre, da investierte das Land Baden-Württemberg gerade mal acht Millionen Euro in Zuschüsse. Im gleichen Zeitraum hat der Bund damals über 100 Millionen Euro ausgeben; nur für Zuschüsse, nur in Baden-Württem- berg. Schwimmen ist kein Luxus, Schwimmen ist lebensnotwendig. Dar- um sind die kleinen Bäder und Lehr- schwimmbecken kein Luxus, auch nicht in kleinen Orten. Das Bädersterben ist kein Naturereignis. Es ist ein politisches Versäumnis, das korrigiert werden kann und muss. ❮