Nach einer Woche Dauerregen begann am zweiten Weih- nachtsfeiertag der Katastrophenschutzeinsatz in Niedersach- sen. Landesweit erreichten mehrere Flüsse einen hohen Was- serpegel und lösten Meldestufe drei aus, was eine ständige Überprüfung der Deiche sowie Maßnahmen zu deren Vertei- digung erforderte. Ems, Elbe, Wümme, Aller, Hunte, Weser, Leine: Die Einsatzorte verteilten sich über beinah das gesamte Bundesland. Auch der Norden Thüringens und Teile von Bay- ern, Saarland, Sachsen und Sachsen-Anhalt meldeten Hoch- wasser. Wasserrettungszüge im Einsatz Am 28. Dezember begann die Koordinierungsstelle des Lan- desverbandes Niedersachsen in Bad Nenndorf mit der Ein- satzplanung der eingesetzten Wasserrettungszüge. Auch das PuMa-Team (Presse- und Medienarbeit) des Bundesverban- des nahm seine Arbeit auf und kümmerte sich um die Ein- satzdokumentation und Pressearbeit. Den überregionalen Einsatzschwerpunkt bildete der Heidekreis, vorwiegend die Samtgemeinden Ahlden, Rethem und Schwarmstedt. In Ho- denhagen begann noch am selben Tag der Einsatz im Seren- geti-Park. 235 Helfer schlossen am Freizeitpark unter anderem einen Durchfluss und pumpten mit dem THW im Anschluss das Wasser auf dem Gelände ab. Viele Gebäude waren dort geflutet, zahlreiche Tiere mussten in Sicherheit gebracht wer- den. Auf der Bundesstraße 191 retteten Einsatzkräfte unter- dessen eine Person aus ihrem Auto. Sie hatte versucht, die überspülte Landstraße zu befahren. Aus dem schwer betroffenen Serengeti-Park Hodenhagen eva- kuierten die Retter auch zahlreiche Tiere. © Toma Unverzagt Bis zum letzten Tag des Jahres unterstützten die DLRG Helfer vorwiegend in zahlreichen Ortschaften die Deichsicherungen, darunter in Celle, Meppen und Verden an der Aller. Letztere Kreisstadt besuchten Bundeskanzler Olaf Scholz und Minis- terpräsident Stephan Weil am Silvestertag, wo sie sich ein Bild von der Hochwasserlage verschafften und allen Helfen- den dankten. Auch die Präsidentin der DLRG, Ute Vogt, sprach allen Einsatzkräften ihren Dank per Videobotschaft aus: „Wäh- rend andere zwischen den Jahren entspannen und den Jah- resanfang feiern, seid ihr im Einsatz und gebt den Menschen eure helfende Hand.“ Zu den Helferinnen und Helfern, die den Silvesterabend im Einsatz verbrachten, zählte auch Charima Wolff von der DLRG Celle. „Wir waren bei einer Deichsicherung im Landkreis ein- Einsatz gesetzt und haben bis spät in den Abend hinein Sandsäcke verlegt, eine Quellkarte gebaut und mit Tauchern Folie ver- legt“, berichtete die 28-jährige Gruppenführerin der Strö- mungsretter, und ergänzte: „Gegen 22 Uhr konnten wir den Einsatz dort erfolgreich beenden.“ Ihr Team hatte Glück. In anderen Gebieten machte die Lage zur späten Stunde keinen Halt. Viele Wasserretter setzten ihre Arbeiten über den Jah- reswechsel fort und schützten auch in der Neujahrsnacht die Bevölkerung vor verheerenden Folgen. 60.000 Sandsäcke für Ahlden Im neuen Jahr knüpften die Ehrenamtlichen nahtlos an die Arbeiten an. Am 2. Januar vermeldete die DLRG noch knapp über 100 Einsatzkräfte, die vor allem andere Helfer sicherten. Nach weiterhin anhaltendem Dauerregen stieg in der Nacht zum 4. Januar die Helme im Südharz bei Bennungen sogar so hoch an, dass die höchste Alarmstufe vier, die die Gefahr für Leib und Leben signalisiert, erreicht wurde. Am selben Tag verhinderten die Einsatzkräfte in Ahlden, wo sich die Hochwasserlage dramatisierte, Schlimmeres. Eine sich auf einem Straßendamm befindende Wasserbarriere rutschte ab. In der Folge drohten drei tiefergelegene Ort- schaften zu überfluten. 19 Stunden lang stabilisierten die Kräfte der DLRG gemeinsam mit hunderten weiteren Helfern den Damm mit über 60.000 Sandsäcken. Strömungsretter und Einsatztaucher aus ganz Niedersachsen verlegten die befüllten Säcke, um den Wassermassen zu trotzen. Dabei waren Wasserrettungszüge aus Nienburg, Rehburg-Loccum, Uchte, Friesland, Braunschweig, Cuxhaven-Osterholz, Celle, Harburg, Hildesheim und Peine involviert. Zudem verlegten die Retter als Sicherungsmaßnahme 600 Meter Folien- und Vliesverbau. Erst am 5. Januar ließ der Regen nach. Jedoch machten den Einsatzkräften nun Minusgrade zu schaffen. In der Schluss- phase galt es, im Heidekreis die Landesstraße 191 zu sichern, die am Vortag abgesackt war. Während sich keine weiteren neuen Notfälle zutrugen, rückten die letzten Wasserrettungs- züge am 12. Januar ab, sodass der Einsatz nach über zwei Wo- chen als beendet galt – wenngleich es für örtliche Einheiten noch immer eine Menge zu tun gab. Präsidentin fordert Helfergleichstellung Der langanhaltende Hochwassereinsatz zeigte einmal mehr, wie wichtig die Wasserretter der DLRG mit ihren speziellen Fähigkeiten in solchen Katastrophenlagen sind. Im Zusam- menspiel mit tausenden weiteren Helfern wendeten sie na- hezu alle Bedrohungen ab. Die freiwilligen Helfer bewiesen rund um die Uhr ihre Einsatzbereitschaft und arbeiteten un- ermüdlich, um die Bevölkerung vor den Folgen des Hoch- wassers zu schützen. Der Einsatz zeigte jedoch erneut, dass die Ehrenamtlichen der DLRG und anderer privater Hilfs- organisationen noch immer nicht den gleichen Status inne- haben wir ihre Kameradinnen und Kameraden von Feuer- wehren oder Technischem Hilfswerk. „Deshalb werden wir beim Thema Helfergleichstellung am Ball bleiben und weiter Druck machen“, verspricht Ute Vogt. „Eine ungleiche Be- handlung von staatlichen und privaten Helferinnen und Hel- fern darf es nicht länger geben“, wiederholt die Präsidentin eine ihrer Kernforderungen in Richtung Politik. Jahresbericht 2023 | 15